Anskar-Kirche

Klick auf den Kompass öffnet den IndexBenannt nach Anskar (801-865), dem "Apostel des Nordens".

Gründer ist der ehemalige ev.-luth. Pastor und Leiter des Koordinierungsausschusses der (charismatischen) Geistlichen Gemeindeerneuerung in der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfram Kopfermann. 1988 trat er aus der evangelischen Landeskirche aus und begründete die charismatisch geprägte Anskar-Gemeinde, eine neue Freikirche.

In seinem Buch "Abschied von einer Illusion. Volkskirche ohne Zukunft" (Hamburg/Mainz 1990) schreibt er:

"Die Volkskirche ist eine problematische Größe. Wer auch nur 10 Seiten der Apostelgeschichte oder der Paulus-Briefe liest und sich seine Wahrnehmungsfähigkeit erhalten hat, stellt auffällige strukturelle Differenzen zwischen Ur- und Volkskirche fest" (S. 26).

Den grundlegenden Unterschied sah Kopfermann darin, daß Volkskirche "tendentielle Deckungsgleichheit, Kongruenz von Volk und Kirche, Gesellschaft und Gemeinde" meine, während die Urkirche "eschatologische Gemeinde" und "Kontrastgesellschaft" zur vorgefundenen Umwelt sei. Dieser Kontrast zeige sich zum Beispiel in der Missionspraxis (Konfrontation statt interreligiöser Dialog), in der Bekehrungspraxis (Herrschaftswechsel statt Universalismus), in der Tauftheologie (eschatologische Neuschöp-fung statt Integration in Systemkonformität) und in der Gemeindezucht (Konsequenz statt Toleranz) (S. 136ff.).

Kopfermann setzte sich mit Argumenten auseinander, die für die Verteidigung der Volkskirche vorgebracht werden, etwa mit der Ansicht, die Volkskirche böte den weitesten Raum für die Verkündigung des Evangeliums und schließe keinen aus. Dem stellte er die Frage entgegen, ob die Menschen von der heutigen Volkskirche wirklich mit dem biblischen Evangelium erreicht würden oder ob diese angesichts ihres uferlosen Pluralismus nicht eher zur Immunisierung der Hörer gegen das rettende Wort beitrage. Dadurch, daß die Volkskirche nicht nur für alle, sondern auch für alles offen sei, werde "nicht der Sünder, sondern die Sünde gerechtfertigt" (S. 29ff.). Nach Kopfermann ist eine Erneuerung der evangelischen Kirche illusionär. Dem Vorwurf, er würde die Kirche spalten, setzte er die Behauptung entgegen:

"Die Evangelische Kirche in Deutschland ist in sich tief gespalten. Es gibt ein Nebeneinander von absolut unvereinbaren Auffassungen über das Evangelium, das Wesen des Glaubens, das Christsein, die Kirche, die Prioritäten der Kirche. Diese faktische Spaltung wird allerdings ideologisch überdeckt und verharmlost. Was die EKD in Wirklichkeit noch zusammenhält, ist nicht ein gemeinsames, inhaltlich gefülltes Christusbekenntnis, sondern die Sitte der Säuglingstaufe, das Kirchensteuersystem, die Handhabung des Kirchenrechts und eine Menge verharmlosender Parolen ..." (S. 46).

Deshalb wählte er den Weg in die Freikirche. Die Vorwürfe der Ghettoisierung, des gesetzlichen Enge, des geistlichen Hochmuts und der missionarischen Ineffektivität bei der Gründung einer Freikirche wies er in ihrer Pauschalität zurück. Er schloß sein Buch mit dem Satz:

"Wir, die wir die Volkskirche für eine Kirche ohne Zukunft, d.h. ohne biblische Legitimität halten, werden auf neuem Boden bauen und so die Zeit nutzen, damit geistlich überlebensfähige Gemeinden entstehen" (S. 176).

Inzwischen sind mehrere Gemeinden entstanden. Die Anskar-Kirche vertritt eine eigentümliche Mischung aus reformatorischen und charismatischen Elementen. Einerseits sieht sie sich als "evangelikal", andererseits ist eine deutliche Abgrenzung von der historisch-kritischen Theologie (Bibelkritik) bisher nicht gelungen. Bald nach Gründung der Anskar-Kirche wurde die Säuglingstaufe in der Regel durch die Glaubenstaufe ersetzt, doch wurde diese nicht verbindlich gemacht. Gegen extreme Auswüchse der >Charismatischen Bewegung (z.B. Geistliche Kriegsführung, Toronto-Segen) grenzt man sich deutlich ab. Manches in der Anskar-Kirche ist noch in einem Klärungsprozeß, was wesentlich mit der Biographie des Gründers zusammenhängt.

Lothar Gassmann


Index

Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de