Bibelkritik

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Bibelkritik ist die Kritik der Bibel mit Methoden der aufgeklärten Vernunft, beruhend auf methodischem Atheismus.

Die Bibelkritik glaubt an einen anderen Jesus als diejenigen, die Gottes Wort Glauben schenken. Jesus ist nach Gottes Wort Gottes Sohn. Für die Bibelkritik ist Gottes Sohn nur ein leerer Name. Jesus ist nach Gottes Wort geboren von der Jungfrau Maria. Für die Bibelkritik ist das nur eine Legende. Jesus ist nach Gottes Wort derjenige, der Wunder getan hat. Für die Bibelkritik hat Jesus vielleicht ein paar psychosomatische Heilungen vollbracht, aber keinen Toten auferweckt und keine Kranken geheilt. Jesus hat nach Gottes Wort all das gesagt, was wir in den Evangelien finden. Für die Bibelkritik hat er davon höchstens 15% gesprochen. Jesus ist nach Gottes Wort für uns ans Kreuz gegangen. Er hat für unsere Sünden da gehangen, und das ist die einzige Grundlage, auf der Gott uns gnädig sein kann, auf der er uns unsere Sünden vergeben kann. Aber für die Bibelkritik ist der Tod Jesu nur das Scheitern eines Sozialreformers. Nach Gottes Wort ist unser Herr Jesus auferstanden, und wäre Jesus nicht auferstanden, dann würden auch wir nicht auferstehen, dann gäbe es keine Erlösung, dann gäbe es kein ewiges Leben. In der Bibelkritik ist Jesus auferstanden in das "Wort des Kerygma" hinein, das heisst, solange sich noch jemand findet, der "Jesus predigt", ist er lebendig. Nicht anders als Plato, wenn seine Bücher noch gelesen werden. Für diejenigen, die an Gottes Wort glauben, ist Jesus aufgefahren gen Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes des Vaters, von dannen er wiederkommen wird zu richten die Lebendigen und die Toten. Für die Bibelkritik gibt es keine leibliche Himmelfahrt und Wiederkunft Jesu Christi.

1. Wie entstand die Bibelkritik?

Die Bibelkritik wurde durch die Philosophie der Aufklärung etabliert. Eines ihrer Instrumente war die Definition. Angefangen mit Francis Bacon (1561-1626) wurde mit diesem Mittel willkürlich festgelegt, dass Gottes Wort – die Quelle der Wahrheit – außerhalb der Wahrheit stand und keinen Raum im Bereich des Denkens finden sollte. René Descartes (1596-1650) erhob den Zweifel zum Erkenntnisprinzip. Die historisch-kritische Theologie hat dies übernommen und zur Grundlage der Bibelauslegung im Alten wie im Neuen Testament gemacht. Wenn man heutzutage meint, man müsse "alles hinterfragen", dann hat man sich das Prinzip des Zweifels von Descartes zu eigen gemacht. Die Wunder-Kritik wurde begonnen von Thomas Hobbes (1588-1679) und David Hume (1711-1776), fortgesetzt von Baruch de Spinoza (1632-1677) und Kant. Es war Spinoza, der als erster die Behauptung aufstellte, die fünf Bücher Mose könnten nicht von Mose geschrieben sein, womit er Raum schaffte, um die Frage nach ihrem Ursprung neu zu beantworten. Spinoza behauptete gleichfalls, dass in den Büchern der Propheten in jedem Kapitel nur einige Verse auf diese zurückgehen, was noch heutzutage an den theologischen Fakultäten in ähnlicher Weise gelehrt wird. Auch der Anfang der Kritik an den Evangelien geht auf Spinoza zurück. An der Tatsache, dass wir nicht ein Evangelium haben, sondern vier, könne man klar erkennen, dass die Evangelien nicht inspiriert seien, behauptete er. Spinoza begriff nicht, dass es Gottes Prinzip ist, dass "auf zweier oder dreier Zeugen Mund" die Wahrheit beruht (5. Mose 19,15; Mt. 18,16).

Immanuel >Kant (1724-1804) stellte dann grundsätzlich die Möglichkeit einer Erkennbarkeit Gottes in Frage. In der Absicht, >Empirismus und Rationalismus zu vereinigen – die beiden philosophischen Ansätze, die in der Aufklärungsphilosophie abwechselnd die Vorherrschaft hatten – schweißte er sie zu einem System zusammen, das zu einem Käfig für das menschliche Denken wurde. Das Ergebnis von Kants Lehre ist in Goethes Faust auf den kürzesten Begriff gebracht:

"Zum Jenseits ist der Ausblick uns verrammelt; ein Tor, wer dorthin seine Augen blinzelnd richtet."

Seitdem heisst es, man könne über Gott nicht direkt reden. Mein Lehrer Rudolf Bultmann sagte uns in einer Vorlesung, wir müssten doch respektieren, dass wir nach Kant leben, weshalb es uns nicht mehr erlaubt sei zu denken, wie es vor Kant noch möglich gewesen sei. Wer ist denn Kant? Er ist doch nur ein Mensch! Wir sind nicht gezwungen, seine Gedanken mehr zu respektieren als Gottes Offenbarung.

Die wichtigsten Ergebnisse dieser Übernahmen aus der Philosophie durch die Theologie waren:

1. die Trennung von Glauben und Denken,

2. die Übernahme des Weltbildes der Aufklärungsphilosophie, des später so genannten "monistischen Weltbildes". Anstatt am Weltbild der Bibel festzuhalten, das zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt unterscheidet (vgl. Kol. 1,16), entschied sich die historisch-kritische Theologie für das Weltbild des >Monismus, das nur die eine, sichtbare Welt kennt und in dem Gott als handelndes und redendes Subjekt keinen Raum hat. Folglich bekam sie Schwierigkeiten mit der Bibel, in der Gott ständig als handelndes und redendes Subjekt zu Worte kommt. Deshalb münzte sie Gottes Selbstoffenbarung um zu menschlichen Aussagen über Gott und behalf sich, indem sie wesentliche Aussagen der Bibel als "mythologisch" deklarierte. Die Übernahme des Weltbildes der >Philosophie führte folgerichtig zu Bultmanns Entmythologisierung und zur Verleugnung der Gottessohnschaft Jesu. Auf die Frage: Wer ist Gott? vermag eine derartige Theologie keine Antwort mehr zu geben. Aber niemand hat die Theologie gezwungen, das monistische Weltbild zu übernehmen.

2. Wie arbeitet die Bibelkritik?

2.1. Ein Beispiel aus der Arbeit am Alten Testament:

Nachdem Spinoza die Verfasserschaft Moses für den Pentateuch (1.-5. Mose) in Frage gestellt hatte, war die Bahn frei für allerlei Unterstellungen. Jean Astruc, der Leibarzt Ludwigs XV., begann das Hypothesen-Spiel. Er meinte, zwei Quellen entdeckt zu haben, die er nach dem Gebrauch des Gottesnamens unterschied und als "Jahwisten" und "Elohisten" bezeichnete. Die Quellenscheidung ging nicht reinlich auf, sondern verlangte viele Konjekturen (Verbesserungsversuche). Dennoch setzte man dieses Hypothesen-Spiel fort und erfand zusätzlich den "Deuteronomisten" und die "Priesterschrift" (P). Diese Vierquellenhypothese ist bis heute in Geltung, obwohl sie keine objektive Grundlage besitzt. Die zeitliche Einordnung der erfundenen Quelle P führte schließlich dazu, dass die ganze Geschichte Israels auf den Kopf gestellt wurde: 1835 hatte ein Theologie-Professor namens Eduard Reuss (1804-1891) eine Intuition, die er seinen Studenten im Tatsachenstil einprägsam mitteilte: Die Propheten seien älter als das Gesetz, und die Psalmen seien jünger als beide. Sein Schüler Graf übernahm diese Intuition als Grundlage seiner Lebensarbeit, als wäre sie ein historisches Faktum. Keiner von beiden stellte sie zur Diskussion und setzte sie einer Prüfung aus. Das Risiko für ihre Karriere war ihnen zu hoch; denn es war ihnen bewusst, dass sie die Geschichte Israels auf den Kopf gestellt hatten und damit in Widerspruch zu Bibel und Bekenntnis standen. Der berühmte Theologe Julius Wellhausen (1844-1918) machte schließlich die ungeprüfte Intuition zur Grundlage für sein Hauptwerk "Die Geschichte Israels". Diese wurde die Grundlage für Gerhard von Rads bis heute anerkannte Sicht. Durch diese Intuition wird Gottes Wort zum Lügner gemacht, denn danach darf David ebenso wenig seine Psalmen geschrieben haben wie Mose die fünf nach ihm benannten Bücher. Und der Schöpfungsbericht wird zu einer priesterlichen Erfindung aus der Zeit des Babylonischen Exils.

2.2. Zwei Beispiele aus der Arbeit am Neuen Testament:

2.2.1. Das "synoptische Problem":

Das "synoptische Problem" wurde zweimal erfunden: Zum ersten Mal im zweiten Jahrhundert von Celsus, einem der ältesten Gegner der Christenheit, zum zweiten Mal – abgesehen von einem Zwischenspiel bei Augustin – 1778 von dem Philosophen und Dichter Gotthold E. >Lessing, der nahezu die gleiche Hypothese wie Celsus vertrat. Als diese posthum 1784 veröffentlicht wurde, folgten die Theologen Lessings Spuren mit wechselnden Hypothesen, übereinstimmend nur in der Behauptung einer Form von literarischer Abhängigkeit zwischen den drei synoptischen Evangelien. 1838 tauchte bei Christian H. Weiße zum ersten Mal die Zweiquellenhypothese auf. Weiße kehrte nicht nur zur Idee der Markus-Priorität zurück, er untermauerte sie noch, indem er die Autorität des berühmten Altphilologen Karl Lachmann in Anspruch nahm und behauptete, Lachmann habe den Beweis erbracht, dass Markus die Quelle von Mt und Lk gewesen sei. Was Lachmann geschrieben hatte, war jedoch das eindeutige Gegenteil: Er hatte festgestellt dass Mt und Lk kein Exemplar des Markus-Evangeliums als Vorlage gehabt haben. Weiße hat also gelogen, und auf diese Lüge stützt bis heute die historisch-kritische Theologie ihre Zweiquellen-hypothese. Obwohl sich 1977 H. H. Stoldt (Geschichte und Kritik der Markus-Hypothese) derer angenommen hat, die das lateinisch verfasste Buch von Lachmann nicht lesen mögen, und den betreffenden Absatz in Latein wie in Übersetzung vorgelegt hat und es seitdem jeder besser wissen könnte, wird die Lachmann-Lüge noch in den neuesten Einleitungsbüchern verbreitet. Zeugt das für wissenschaftliche Arbeitsweise? Die zweite Grundlage der Zweiquellenhypothese ist ein hermeneutischer Irrtum, der auf Friedrich Schleiermacher (1768-1834) zurückgeht. Dieser zog aus der Aussage des Papias: "Matthäus stellte die Logien in (einem) hebräischen Dialekte zusammen", den Fehlschluss, auf Matthäus gehe lediglich eine Sammlung von Reden Jesu zurück, die zur Quelle (Q) des später nach ihm benannten Evangeliums wurde. Er beachtete den Kontext nicht, aus dem klar hervorgeht, dass die Logien – wie zuvor in Bezug auf Markus – auch in Bezug auf Matthäus pars pro toto (als Teil) für das ganze Evangelium gemeint sind. Diesen hermeneutischen Irrtum hat Weiße nicht nur für das Matthäus-Evangelium, sondern auch für das Lukas-Evangelium übernommen, obwohl Schleiermacher ausdrücklich bestritt, dass Q die Quelle von Lukas gewesen sei. Es kam ihm gar nicht darauf an, Schleiermachers Autorität zu missbrauchen. Die weltweit verbreitete Zweiquellenhypothese, die nicht nur jeder Theologiestudent, sondern sogar unsere Kinder in der Schule im 7. oder 8. Schuljahr lernen müssen, beruht also auf einem Irrtum und einer Lüge. Gibt es Indizien für die literarische Abhängigkeit zwischen den Evangelien? Nein. Denn beispielsweise liegt die Zahl der identischen Worte nur bei etwa 22%. Auf 100 Mk-Worte kommen rd. 100 Unterschiede bei Mt und bei Lk. Bei solchen Verhältnissen dürfte kein Lehrer einem Schüler unterstellen, er habe abgeschrieben. (Weiteres in E. Linnemann, Gibt es ein synoptisches Problem? 1992). Die historisch-kritische Theologie hat drei wichtige Disziplinen: die Literarkritik, die Formgeschichte und die Redaktionsgeschichte. Da es keine Indizien für die literarische Abhängigkeit zwischen den Evangelien gibt, ist die Literarkritik (deren Hauptproblem das "synoptische" ist) erledigt. Ihre "Geschichte der synoptischen Tradition", aus der die Gesetzmäßigkeiten der Formgeschichte abgeleitet werden, beruht auf der zeitlichen Einordnung der Evangelien, die keine andere Grundlage hat als die Zweiquellenhypothese. Wenn es diese Abhängigkeit nicht gibt, ist auch die Formgeschichte erledigt. Gibt es keine literarische Abhängigkeit zwischen den Evangelien, dann können die Unterschiede zwischen ihnen nicht als bewusste Änderungen gedeutet werden und lassen sich deshalb nicht auf eine theologische Konzeption ihrer Verfasser zurückführen. Damit ist auch die Redaktionsgeschichte erledigt.

2.2.2. Unechterklärungen:

Zehn von den 27 neutestamentlichen Schriften werden von der historisch-kritischen Theologie für unecht erklärt. Man nennt sie "Pseudepigraphen", d.h. man erklärt es zur Lüge, wenn sie den angegebenen Verfasser beanspruchen. Eines der Argumente, die gegen die Echtheit mehrerer Briefe angeführt wird, ist die Menge der "hapax-legomena", d.h. der Wörter, die im Neuen Testament nur einmal (hapax) genannt (legomena) sind. Diese Wörter werden aber nur bei z.B. drei verdächtigten Schriften gezählt, nicht einmal bei allen, die man für unecht hält, und schon gar nicht bei jenen, die nie unter Verdacht geraten sind. Das ist kein wissenschaftliches Verfahren! Zählt man diese Einmal-Wörter für alle neutestamentlichen Schriften und berechnet man ihren Prozentsatz von deren Vokabular, dann kommt man zu einem Ergebnis, das keine der Unechterklärungen stützt: Die zu den Pseudepigraphen gerechneten Briefe 2. Thessalonicher, Judas, Epheser, Kolosser, 1. Petrus und Jakobus, ja selbst der Titusbrief wären danach echter als der Römerbrief, dessen Echtheit niemals bezweifelt wurde. Das Argument, mit dem die Echtheit von drei neutestamentlichen Schriften in Frage gestellt werden soll, hält einer Nachprüfung nicht stand. Dasselbe gilt von den Listen theologischer Begriffe, deren Fehlen oder Vorhandensein gegen die Echtheit sprechen soll, für die Listen von Vorzugswörtern oder Stileigentümlichkeiten, für eine Vielzahl von geschichtlichen Zuordnungen und theologischen Einordnungen, die gegen die Echtheit der zehn neutestamentlichen Schriften vorgebracht werden. Sie werden zwar im Brustton der Überzeugung als Tatsachen vorgetragen; sobald man sie aber einer Nachprüfung unterzieht, erweisen sie sich als unhaltbar. Inzwischen habe ich jedes Einzelargument überprüft, mit dem Udo Schnelle in seiner "Einleitung in das Neue Testament" (1994) die zehn neutestamentlichen Schriften zu Pseudepigraphien erklärt. Die Einzelprüfung hat ergeben, dass keines dieser über hundert Argumente der Nachprüfung standhält und einen zureichenden Grund für die Unechterklärung einer dieser Schriften hergibt. Welche Konsequenzen sind zu ziehen? Wir sollten uns – um Jesu willen, um unseres Glaubens willen – nicht von Gottes inspiriertem Wort wegtreiben lassen. Der Anspruch der Bibelkritik, Wissenschaft zu sein, besteht nicht zu Recht. Wir haben keinen Grund, uns diesem Anspruch zu beugen. Aber selbst wenn die Bibelkritik rechtmäßig als Wissenschaft gelten dürfte, wäre sie lediglich ein menschliches Unterfangen, das der Offenbarung Gottes zu weichen hat. Für jeden, der das begriffen hat, ist die Bibelkritik samt ihrem Monopol-Anspruch überwunden.

3. Wie kann das Monopol der Bibelkritik praktisch überwunden werden?

Die Bibelkritik ist nicht nur durch ein Unterscheiden im Sinne des griechischen "krinein" gekennzeichnet, sondern sie ist eine Wissenschaft ohne Gott mit der autonomen Vernunft als Maßstab und mit Methoden, die von fachfremden atheistischen Voraussetzungen ausgehen. Damit aber sind atheistische Ergebnisse vorprogrammiert. Bibelkritiker meinen, wissenschaftlich objektiv zu sein und neutral über allem Für und Wider zu stehen. Gott aber ist kein Objekt, er ist nicht objektivierbar. Atheistische Voraussetzungen sind in Bezug auf Gott keineswegs neutral. Busse des Denkens bedeutet: Wir lassen uns von Gott und Seinem Wort kritisieren. Gott ändert unsere Kritikrichtung um 180 Grad: gegen unsere autonome Vernunft, gegen unser von Gott emanzipiertes Denken.

3.1. Die Bibelkritik ist überwunden: von Gottes Wort

Beispiel "Plausibilität": Jesus Christus ist "leibhaftig auferstanden", bezeugt die Bibel. Er ist "nicht leibhaftig auferstanden", sagen viele historisch-kritische Theologen. Aussage steht gegen Aussage. Für wissenschaftsgläubige Mitmenschen ist plausibel (einsichtig), was "Wissenschaftler" sagen. Für Christen, die der Bibel vertrauen, sind deren Berichte überzeugender. Für diese Christen ist es durchaus nicht plausibel, "den Allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erden", als Urheber von Wundern auszuschließen. Von atheistischen Voraussetzungen auszugehen, widerspricht z.B. der Grundregel in 1Kor 2,13f., wonach Geistliches "geistlich beurteilt werden" muss. Kommt ein Mensch zum lebendigen Glauben, wird die Bibelkritik in dem Masse überwindbar, wie seine Bekehrung auch die Bekehrung seines Denkens nach sich zieht. Der Glaubende hat erfahren, dass Gott in sein Leben eingreift. Damit ist der Atheismus der Voraussetzungen individuell durchbrochen. Nun ist es für ihn plausibler, grundsätzlich dafür offen zu sein, dass Gott in diese unsere Welt eingreifen kann. Für den, der sich zur Buße seines Denkens leiten lässt, verlieren die atheistischen Voraussetzungen der Bibelkritik ihre Plausibilität. Er kann von ihren Denkzwängen frei werden. Die Bibelkritik ist überwunden – durch Gott und Sein Wort. Sie ist im Denken des Gläubigen in dem Masse überwindbar, wie er sich von Gottes Güte zur Busse seines Denkens leiten lässt. Da die Bibelkritik biblisch überwunden ist, hat auch ihre landeskirchenamtliche Monopolisierung keine Berechtigung.

3.2. Die Bibelkritik ist überwunden: auch wissenschaftlich

Beispiel "Weltbild": Gott hat eine sichtbare, vergängliche Welt und Sein unsichtbares, ewiges Reich geschaffen – das ist das Weltverständnis der Bibel (Kol. 1,16; 2. Kor. 4,18). Der Allmächtige wirkt aus Seiner Wirklichkeit in unsere Welt hinein: "Wenn er spricht, so geschieht's" (Ps. 33,9). Wenn Bibelkritiker dieses Weltverständnis von vornherein leugnen, wenn sie Gottes Offenbaren und Inspirieren grundsätzlich bestreiten, sind sie meist dem Weltbild der klassischen Naturwissenschaften des 19. Jahrhunderts verhaftet. Dies aber ist seit Beginn unseres Jahrhunderts als veraltet erkannt und durch das "Naturbild" der Quanten-Physik ersetzt worden. Die Behauptung von Wissenschaftlern des 19. Jahrhunderts, es gebe Gott nicht, ist als unbewiesene Grenzüberschreitung durchschaut. Zwar sind Christen nicht darauf angewiesen, dass ihnen Wissenschaftler den Glauben bestätigen. Doch können wir dankbar sein, dass sie heute die Freiheit zugestehen, unter biblischen Voraussetzungen zu denken und zu forschen. Die Bibelkritik ist überwunden, weil das Weltbild, an das sie gebunden ist, wissenschaftlich widerlegt ist. Mit dieser Überwindung der Bibelkritik ist auch ihr Monopol-Anspruch hinfällig.

Beispiel "Voraussetzungen": Meist verschweigen Universitäts-Theologen ihr "Dogma": die atheistischen Voraussetzungen ihrer Wissenschaft. Dadurch machen sie sich unangreifbar. Ihre Studenten aber werden dadurch unmündig gehalten und können sich nicht wehren. Weithin bleibt Studenten auch verborgen, dass Voraussetzungen so gewählt werden müssen, dass sie Ergebnisse nicht von vornherein unmöglich machen. Kein Biologe käme auf die Idee, "Bios" (das Leben) zu bestreiten. Obwohl es schwierig ist, Leben zu definieren, wäre es doch widersinnig, zu leugnen, dass es "Bios" gibt, also vorauszusetzen ist. Die deutschen Universitäts-Theologen jedoch weigern sich, "Theos" (Gott) vorauszusetzen. Sie vermitteln Bibelkritik, ohne ihre atheistischen Voraussetzungen offenzulegen und wissenschaftlich verantworten zu können. Gottlose Voraussetzungen sind für Gott unangemessen, nicht gottgemäß! – Angemessenheit ist nicht erst ein Prüfstein der modernen Wissenschaften, sondern schon der Bibel (vgl. 1. Kor. 2,14). Die herrschende historisch-kritische Theologie ist, was ihre Voraussetzungen angeht, wissenschaftlich überwunden. Also ist sie auch in ihren Ergebnissen wissenschaftlich überwunden. Ihre Monopolisierung ist wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Die historisch-kritische Theologie hat ihre atheistischen Voraussetzungen dogmatisiert, was als wissenschaftlich unangemessen erwiesen ist. Lassen wir uns und unsere Kinder nicht länger von solchen "Theologien" prägen! Sorgen wir für bibeltreue Alternativen!

3.3. Die Bibelkritik ist gemeindlich nicht zu rechtfertigen:

Theologie ist nicht Selbstzweck, sondern hat der Gemeinde Jesu zu dienen. Theologen, die durch bibelkritische Ausbildung selbst nicht glauben, können bei den ihnen Anvertrauten keinen Glauben wecken. Sie haben kein Recht, in die Gemeinde Jesu bzw. in den Religionsunterricht einzudringen. Trotzdem haben die Kirchenleitungen die gesamte Ausbildung der Herrschaft von Bibelkritikern unterworfen. So sind in Gemeinde nach Gemeinde Christen heimatlos geworden, in Religionsklasse nach Religionsklasse Schüler um das unverfälschte Evangelium betrogen worden. Dass die Kirchenverfassungen Bibel und Bekenntnis noch verbindlich nennen, dass das Glaubensbekenntnis im Gottesdienst noch vorkommt, dass Pfarrer und Religionslehrer noch auf Bibel und Bekenntnis verpflichtet werden – all das ist längst belanglos. Wer versucht hat, von bibelkritischen Pfarrern, Lehrern oder Kirchenführern die Achtung vor Bibel und Bekenntnis einzufordern, weiss: Es ist aussichtslos! Paulus urteilt: "Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben, denn der Tempel Gottes ist heilig; der seid ihr" (1. Kor. 3,17). Es gibt in der Bibel keine Aufforderung, unter bibelkritischen Kanzeln und Kathedern auszuharren oder gar die Jugend den Bibelkritikern auszuliefern. Spr. 19,27 mahnt ausdrücklich: "Lass ab, mein Sohn, auf Unterweisung zu hören, die abirren macht von den Worten der Erkenntnis." Nicht fruchtlose Diskussionen, sondern Gehorsam ist gefordert. Die Bibelkritik hat Glauben zersetzt, Gemeinden zerstreut, Entchristlichung und Entsittlichung vorangetrieben. Sie ist – samt ihrem Monopol-Anspruch – von allen Christen kompromisslos zurückzuweisen.

3.4. Wie können wir das Monopol praktisch überwinden?

Das Monopol der Bibelkritik ist noch ungebrochen, weil nur eine Minderheit der Evangelikalen gründlich Buße im Denken getan hat. Die Mehrheit gehört zu einer "Grauzone" zwischen Bibelkritik und Bibeltreue: Sie will der Bibelkritik nicht grundsätzlich misstrauen oder gar absagen, sondern lieber in der sicheren gemäßigten Mitte stehen, statt an unbequemen Außenfronten zu kämpfen. Was ist dazu zu sagen? Die Mitte ist dort, wo unser Herr steht. Dort aber scheiden sich die Geister, d.h. genau um diese Mitte tobt der Kampf, dem die Mehrheit der Evangelikalen unbedingt ausweichen möchte. Der Mittelweg zwischen Bibeltreue und Bibelkritik, ist – biblisch beurteilt – der Ort der Unentschiedenheit, wo man auf beiden Seiten weiterhinken möchte (vgl. 1. Kön. 18,21). Diesen Mittelweg mag es in den Wünschen vieler Evangelikaler geben, biblisch und wissenschaftlich gibt es ihn nicht. Wir können nur entweder mit den unangemessenen atheistischen Voraussetzungen der Bibelkritik an Gott und Sein Wort herangehen oder mit biblischen. Einen dritten, neutralen Standort gibt es nicht. "Wer sich Gott nahen will, muss voraussetzen, dass es ihn gibt", kann in Anlehnung an Hebr. 11,6 formuliert werden, d.h. atheistische Voraussetzungen bringen uns Gott nicht näher. Und genau dieser Entscheidung für "Gott allein" weichen viele Evangelikale aus – deshalb gilt der Ruf zur Buße im Denken auch uns Evangelikalen. Das Monopol der Bibelkritik ist nur zu überwinden, wenn mehr Evangelikale als bisher

4. Wo beginnt Bibelkritik? Eine abschließende Warnung

Bibelkritik beginnt nicht erst da, wo die Jungfrauengeburt Jesu Christi, seine Wunder, die sühnende Wirkung seines Todes, seine wirkliche, leibliche Auferstehung von den Toten, seine Himmelfahrt und Wiederkunft in Macht und Herrlichkeit geleugnet, umgedeutet oder relativiert wird und wo bestritten wird, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist. Bibelkritik beginnt schon da, wo biblische Schriften gegen ihren Selbstanspruch in verschiedene "Quellen" aufgeteilt werden; wo ihre Entstehung in eine andere Zeit datiert wird, als es die biblischen Schriften selber bezeugen; wo ihre Entstehung anderen Verfassern zugeschrieben wird als denen, die in den jeweiligen Schriften genannt sind; wo behauptet wird, dass die von Jesus Christus in den Evangelien überlieferten Worte nicht alle von ihm stammen; wo die Erfüllung von Prophezeiungen in den biblischen Schriften in andere Zeiträume verlegt wird, als es an den betreffenden Stellen ausdrücklich vermerkt ist; wo behauptet wird, die Bibel sei in naturwissenschaftlicher, geographischer und historischer Hinsicht nicht irrtumslos. Aus solcher angeblich "gemäßigter" Bibelkritik (Kritik an der Entstehung und Einheit der biblischen Schriften) folgt früher oder später die "radikale" Kritik (Kritik an den in der Bibel berichteten Inhalten), da die angeblich "gemäßigte" Kritik dazu beiträgt, die Autorität der Bibel insgesamt zu untergraben und den Glauben an die Inspiration der Bibel durch Gott zu zerstören. Bibelkritik beruht nämlich darauf, dass man – gegen die Selbstaussage der Heiligen Schrift – den Offenbarungscharakter des Wortes Gottes leugnet; dass man – gegen die Selbstaussage der Heiligen Schrift – Gottes Wort zum Menschenwort degradiert, das mit denselben Methoden wie andere Menschenworte erforscht werden könne und müsse; dass man die atheistischen Voraussetzungen der historisch-kritischen Methode (Kritik, Analogie, Korrelation) an Gottes Wort heranträgt – mit den zwangsläufigen Folgen, z.B. Leugnung oder Relativierung göttlicher Inspiration, göttlicher Wunder und Prophetie. Wehret den Anfängen! Diese Warnung ist deshalb nötig, weil die "gemäßigte" Kritik unter dem Mantel einer angeblichen "Wissenschaftlichkeit" (in Wirklichkeit: Uninformiertheit über die neuesten Forschungen) leider nach und nach auch in den evangelikalen Bereich eindringt, z.B. in einzelne Seminare, die einstmals "bibeltreu" (in Abwehr der oben beschriebenen Denkweisen) waren – ein endzeitlicher Vorgang!

S. auch: Bibel; Aufklärung; Atheismus; Bultmann, Rudolf; Wunder; Auferstehung; Wiederkunft Jesu Christi; u.a.

Lit.: C. Blomberg, Die historische Zuverlässigkeit der Evangelien, 1998; E. Linnemann, Bibelkritik auf dem Prüfstand, 1998; dies., Wissenschaft oder Meinung?, 1999; H. Stadelmann, Grundlinien eines bibeltreuen Schriftverständnisses, 1985; L. Gassmann, Kritik der Bibelkritik, 2000.

Eta Linnemann (1-2) / Gerhard K. Ulrichs (3) / Lothar Gassmann (4)


Index

Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de