Arianismus 

Klick auf den Kompass öffnet den IndexAm Anfang des 4. Jahrhunderts n. Chr. trat der Presbyter Arius aus Libyen, ein Schüler des bekannten Hermeneuten Lukian von Antiochien, in Alexandria auf und schuf durch seine Lehren große Unruhe. Vom >neuplatonischen Überwelt-Denken beeinflusst, lehrte er, dass es nur einen einzigen Gott gebe, der ungezeugt und ungeworden sei und als völlig reines Wesen mit der Schöpfung nicht in Berührung kommen könne. Jesus könne unmöglich gottgleich sein, sonst verliere Gott diese Eigenschaften und es existierten zwei Götter. Darum gehöre Jesus auf die Seite der Geschöpfe. Er habe einen Anfang und sei nicht gleich ewig wie Gott. "Ex ouk onton gegonen" ("aus dem Nichts ist er erschaffen"). Und: "En pote, hote ouk än" ("es gab eine Zeit, da er nicht war"). Er ist das erste und höchste aller Geschöpfe und als solcher der Mittler der übrigen Schöpfung. In subordinationistischer Weise nahm Arius Abstufungen zwischen Vater, Sohn und Geist vor und berief sich weithin auf die gleichen Bibelstellen wie heute z.B. die Zeugen Jehovas (s. Dreieinigkeit).

Laut Arius ist nur Jesus "vom Vater selbst geschaffen, damit durch ihn alle Äonen, das All, der Mensch erschaffen würden. Auch heiße er nur ´übertragenermaßen` ..., lediglich ´dem Namen nach` ..., nur ´gnadenhaft`... bzw. ´in unserer Begriffswelt` ... ´Wort` (lógos), ´Weisheit` (sophía), ´Sohn`, während der eigentliche lógos und die eigentliche sophía Gott immanent seien und zu Gottes eigenem, unteilbarem Wesen gehörten. Darum müsse es auch heißen, dass der Sohn nicht ´wesenseins` (homo-oúsios) mit dem Vater, sondern ´fremd und in jeder Beziehung unähnlich dem Wesen und der Eigenart des Vaters` sei, da von Natur aus ´wandelbar` (tréptos) und mit ´Willensfreiheit` ... ausgestattet wie wir und nur tatsächlich sich für das Gute entscheidend und in der Einung seines Willens mit demjenigen des Vaters verharrend. Diese in sittlicher Selbstbestimmung begründete ´Unwandelbarkeit` des Sohnes aber habe Gott vorausgewusst und ihm deshalb vorwegnehmend die Verherrlichung (dóxa) verliehen, die er als Mensch aufgrund seiner Tugend und Werke sich verdienen sollte" (HDT I/1989, S. 149).

In Athanasius (ca. 295-373), dem Diakon des Bischofs Alexander von Alexandria, entstand ein mächtiger Gegenspieler für Arius und seine Nachfolger, der diese –- etwa in seinen "Vier Reden gegen die Arianer" – glänzend widerlegte. Im Unterschied zum philosophisch-spekulativen, kosmologischen Ansatz des Arius argumentierte Athanasius von der Soteriologie (Lehre von der Erlösung des Menschen) her. Er warf Arius vor, uns den erlösenden Gott zu rauben, wenn er Christus auf die Seite der Geschöpfe (Menschen oder Engel) zieht. In der zweiten Rede des Athanasius gegen die Arianer heisst es: "Denn wenn wir von den Toten auferstanden sind, fürchten wir den Tod nicht mehr, sondern wir werden in Christus immer im Himmel herrschen. Das aber ist geschehen, weil das eigene und aus dem Vater stammende Wort Gottes selbst das Fleisch anzog und Mensch geworden ist. Denn wenn es als Geschöpf Mensch geworden wäre, dann wäre der Mensch nichtsdestoweniger geblieben wie er war, nämlich ohne Verbindung mit Gott. Denn wie hätte es als Geschöpf durch ein Geschöpf sich mit dem Schöpfer verbinden können? Oder was für eine Hilfe hätten ähnliche Wesen von ihresgleichen erwarten können, wenn doch auch sie derselben Hilfe bedurften? ... Und es hat der Sohn, der euch frei gemacht hat, in Wahrheit gezeigt, dass er kein Geschöpf noch auch eines von den gewordenen Wesen ist, sondern das eigene Wort und Bild der Substanz des Vaters, der auch im Anfang das Urteil gesprochen hat und allein die Sünden nachlässt" (Gegen die Arianer II, 67; BKV 13, S. 214 f.).

Die arianischen zogen sich ähnlich wie die diesen folgenden christologischen und pneumatologischen Streitigkeiten viele Jahrzehnte hin, wogten hin und her, führten zu Verdammungen und Exkommunikationen je nach kirchlicher und staatlicher Machtverteilung – aber was blieb, sind die Bekenntnisse, die im Zusammenhang damit entstanden sind und den Glauben der Kirchen bis heute prägen, vor allem das Nicaenum (325 n. Chr.), das >Nicaeno-Constantinopolitanum (381 n. Chr.) und das >Chalcedonense (451 n. Chr.). Schon im Nicaeno-Constantinopolitanum von 381 ist die Dreieinigkeit Gottes klar definiert – und nicht erst im >Athanasianum, das zwischen 430 und 589 vermutlich in Spanien formuliert wurde (vgl. TRE IV, S. 328 ff.) und das somit nicht, wie z.B. die Zeugen Jehovas behaupten, etwa aus dem 8. Jahrhundert" stammt. Wenn im Nicaeno-Constantinopolitanum formuliert wird "der Sohn ist geboren (gezeugt), nicht geschaffen", dann wird damit zum Ausdruck gebracht, dass er von der gleichen Wesensart wie der Vater, also göttlich, ist. Er ist kein Geschöpf (dem Vater fremd), sondern Gott (dem Vater gleich). Eine Analogie mit dem Menschen mag das verdeutlichen: Wenn Sie etwas schaffen (z. B. eine Brücke), dann ist das Produkt von Ihrem Wesen verschieden (fremd). Wenn Sie jedoch ein Kind zeugen, dann ist es Fleisch von Ihrem Fleisch, also von der gleichen Wesensart wie Sie. Der Unterschied zwischen Mensch und Gott in dieser Analogie liegt – außer dem göttlichen Wesen – darin, dass Gott seinen Sohn von Ewigkeit her zeugt, dass der Sohn also ohne Anfang ist. Und ähnliches gilt vom Heiligen Geist, der von Ewigkeit her vom Vater ausgeht und als dritte Person der Gottheit zugleich mit Vater und Sohn angebetet und gepriesen wird. Athanasius führt in seiner zweiten Rede gegen die Arianer aus: "So kennt also die göttliche Schrift den Unterschied von Zeugung und Geschöpfen und erweist die Zeugung als Sohn, der nicht mit irgendeinem Anfang begann, sondern ewig ist, die Schöpfung aber bezeichnet sie als ein Werk, das außerhalb von seinem Schöpfer existiert und zu werden begonnen hatte" (Gegen die Arianer II, 58; BKV 13, S. 200).

Was wurde durch die Bekenntnisse von Nizäa und Konstantinopel erreicht? Es wurde klar formuliert, wer Gott, wer Christus, wer der Heilige Geist ist: nicht drei Götter, wie fälschlich unterstellt wurde, sondern der eine Gott in drei Erscheinungsweisen, Hypostasen oder Personen (Tertullian: "una substantia – tres personae"). Christus ist wahrer Gott vom wahren Gott, eines Wesens mit dem Vater, gezeugt, nicht geschaffen, also von Ewigkeit her der Sohn Gottes und kein Geschöpf. Der Heilige Geist ist göttliche Person. Vater, Sohn und Geist unterscheiden sich nicht in ihrem Wesen, sondern nur in ihrer jeweiligen Aufgabe. Die klassische Aufteilung in der Dogmatik kennzeichnet Gottvater als Schöpfer, Gottsohn als Erlöser und Gott den Heiligen Geist als Tröster. Beim Konzil von Chalkedon (451) wurde der christologische Aspekt vertieft. Es wurde definiert, dass Jesus Christus eine göttliche Person mit zwei Naturen ist, "mit dem Vater wesenseins der Gottheit nach und als derselbe mit uns wesenseins der Menschheit nach, in allem uns ähnlich, ausgenommen die Sünde ... als ein und derselbe Christus, Sohn, eingeborener Herr, in zwei Naturen unvermischt, unverwandelt, ungetrennt, ungesondert erkennbar ..., wobei jedoch die Unterschiedenheit der Naturen um der Einung willen keineswegs aufgehoben wird, sondern die Eigentümlichkeit ... einer jeden Natur gewahrt bleibt und sich zu einer Person ... und zu einer Hypostase verbindet ..." (zit. nach HDT I/1989, S. 264 f.).

Zum biblischen Befund s.: Dreieinigkeit.

von Lothar Gassmann
Lit.: L. Gassmann, Zeugen Jehovas, 2000.


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Etliche Texte sind auch in gedruckter Form erschienen in verschiedenen Handbüchern (je 144-200 Seiten, je 9,80 Euro):

1. Kleines Sekten-Handbuch
2. Kleines Kirchen-Handbuch
3. Kleines Ökumene-Handbuch
4. Kleines Endzeit-Handbuch
5. Kleines Katholizismus-Handbuch
6. Kleines Anthroposophie-Handbuch
7. Kleines Zeugen Jehovas-Handbuch
8. Kleines Ideologien-Handbuch
9. Kleines Esoterik-Handbuch
10. Kleines Theologie-Handbuch

Weitere Handbücher (über Theologie, Esoterik, u.a.) sind geplant. Informationen bei www.l-gassmann.de