Fideismus

Klick auf den Kompass öffnet den IndexFideismus ist abgeleitet vom lateinischen "fides" = "Glaube".

Der Fideismus ist genauso fragwürdig wie der Rationalismus, gegen den er im Grunde gerichtet ist. Im Fideismus wird gesagt, dass der Glaube der einzige Zugang zu Gott und deshalb jeder Vernunftgrund und -beweis ausgeschlossen sei. Während der Rationalismus behauptet, dass wir mit der Vernunft alles begreifen können, meint der Fideismus, dass nur der Sprung des Glaubens überhaupt etwas verstehen kann. Sören >Kierkegaard sagte, Wahrheit sei subjektiv, personal und nur paradox erfahrbar. Ein "Glaubenssprung" sei nötig, um der Wahrheit existentiell zu begegnen. Subjektiv werde die Wahrheit im Paradox, im Gegensätzlichen, erfasst. Sicherlich hat Kierkegaard hier etwas von der Größe Gottes verstanden, den wir ja nicht mit der bloßen Vernunft "begreifen" können. Immerhin betonte auch Kierkegaard, dass Gott nicht unvernünftig ist, sondern übervernünftig. Durch die Sünde bedingt, können wir von uns aus nicht zu Gott vordringen.

Ähnlich argumentierte auch Karl Barth. Dieser prägte den bekannten Satz:

"Gott wird nur durch Gott erkannt."

Barth lehnte jede "natürliche Theologie" ab, die meint, dass Gott in der Schöpfung, im Gewissen oder in der Geschichte erfassbar sei. Dies würde er ausgrenzen und sagen, dass Gott nur in seinem Sohn erkannt werden könne. Man warf Barth deshalb "Christomonismus" vor, d.h. die Behauptung, dass allein in Christus Gott zu erkennen wäre. Sicherlich liegt etwas Richtiges in dieser Radikalität, dennoch ist seine Behauptung zu einseitig. In der Kritik an Barth haben Paul Althaus und Emil Brunner argumentiert, dass der Mensch, um zu erkennen, dass er einen Erlöser braucht, erst erkennen muss, dass er Sünder ist. Dies kann er nur, wenn er seine Geschöpflichkeit und Gefallenheit erkennt. Aber dies geschieht eben durch das Gewissen, durch die Schöpfung und durch heilsgeschichtliche Abläufe. So gibt es eine Theologie vor Jesus Christus, weil dieser Zeitabschnitt vorbereitend für die Heilsoffenbarung ist, die dann in Jesus Christus vollkommen und heilbringend geschehen ist.

Zusammenfassend kann folgendes zur Kritik am Fideismus gesagt werden:

a. Gott ist in der Tat übervernünftig, die menschliche Vernunft überschreitend.
"Sola fide", allein durch Glauben, können wir Gott erkennen. Andererseits hat Gott doch seine Spuren in der Schöpfung hinterlassen. Man spricht hier von "vestigia trinitatis", von Spuren der Dreieinigkeit, die auch in der Schöpfung vorhanden sind. Gott hat sich in der Schöpfung bezeugt.

b. Glauben und Erkennen sind keine Gegensätze.
Gerade im Johannesevangelium wird immer wieder betont, dass die Apostel "geglaubt und erkannt" haben, dass Jesus "der Heilige Gottes" ist.

und wir haben geglaubt und erkannt, (O. glauben und wissen) daß du der Heilige Gottes bist. (Joh 6,69)

Es handelt sich also nicht um einen blinden Glauben, sondern um einen Glauben, der mit Erkennen zusammenhängt. Insofern dürfen wir auch Gottes-Hinweise ernstnehmen.

S. auch: Gottesbeweise; Glaube und Vernunft; >Offenbarung.

Lothar Gassmann


Index

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