Einmal sagte mir ein nicht unbedeutender Priester:
»Wissen Sie, Herr Vikar, was wir an Sakramenten dem Volk Gottes zu glauben eingeprägt haben, ist nichts anderes als Hokus Pokus. Das Schlimme daran ist, dass dieser Unsinn den Menschen seit dem frühen Mittelalter in Blut und Seele eingeimpft worden ist, als Gottes Machtspruch. Heute müssen wir die Suppe dieser Theologen des 12. Jahrhunderts und des Aquinaten (Thomas von Aquin) schon fromm weiterservieren, ohne mit der Miene zu zucken. Es ist ein abenteuerliches Unternehmen, solche Dummheiten den Menschen von heute theologisch und biblisch glaubhaft zu machen denn die Leute lesen nun halt mal die Bibel, und wir können das wohl oder übel nicht mehr verhindern.«
Seine Äusserungen betrübten mich damals sehr!
Wieviel Heimeliges, Erhabenes und Gewohntes umrahmt doch die Feien der Sakramente, vor allem das Fest der Erstkommunion, mit all den Vorbereitungen und Übungen auf das geheimnisvolle Ereignis hin, mit den liturgischen Gewädern für die Erstkommunikanten, dem feierlichen Einzug in die Kirchen, den Vereinen, den Trachtengruppen, dem Kirchenchor, den Musikgesellschaften, dann der gemeinsame Aperitif nach dem Gottesdienst, das Essen, die Geschenke usw... Das sind doch jahrhundertealte Bräuche, die in Fleisch und Blut übergegangen sind, das ist doch Leben der Kirche!
Aber so musste ich mehr und mehr erkennen, dass volkstümliche Bräuche wohl ihren Platz und ihre Berechtigung im Leben der Menschen haben, nicht aber magisch-religiöse Bräuche. Da ist auf der einen Seite Jesus Christus, der sagt:
»... und sie lehrt alles zu bewahren, was ich euch geboten habe« (Matthäus 28,19)
und da sind Traditionen der heidnischen Mysterienkulte, von denen sich die Christen von Anfang an distanziert hatten. Was macht ein aufrichtiger Mensch, der Gott gehorchen und dienen will, dem das diesseitige Leben mit Gott alles wert ist und das ewige Leben mehr bedeutet als alle Schätze, Reichtümer, Ehren, Ansehen und Traditionen der Menschen dieser Erde? Urteile selbst!
Bevor ich zum Priester geweiht wurde, sagte mir mal ein Priesteramtskandidat:
»In ein paar Monaten wird man unsere Namen mit H.H. anschreiben (Hochwürdiger Herr). In einem Augenblick nehmen wir in der Welt einen anderen Stand ein, aber in Wirklichkeit ist ja nur Gott würdig und hochwürdig zu preisen. Was wir das Volk lehren werden und was sie uns ahnungslos glauben, weil wir ein immenses religiöses System präsentieren, widerspricht der Würde Gottes. Wie werden wir das beim Älterwerden und im Sterben vor dem Antlitz Gottes, dem Heiligen Vater, rechtfertigen?«.
lch verstand zu dieser Zeit noch nicht ganz, was er da sagte, aber seine Worte liessen mich manchmal im Gebet vor dem wirklichen Heiligen Vater erschaudern!
Die römische Hierarchie betrachtet sich auch mit Recht als einzige Verwalterin ihrer 7-Sakramentenlehre. Darum lehrt sie auch:
»Wer sagt, man dürfe die überkommenen und gutgeheissenen Riten der katholischen Kirche, die bei der feierlichen Spendung der Sakramente gebraucht werden, geringschätzen,... der sei ausgeschlossen.«10
Dass die 7-Sakramentenlehre Menschensatzungen sind und darum in der Art und Weise der Spendung von den Päpsten verändert worden sind, bestätigt die Kirche eigentlich selbst beim Abendmahl, als sie den Kelch unter den Gläubigen nicht mehr umgehen liess, entgegen ihrer früheren Praxis und der Praxis Jesu:
»Stets hatte die Kirche die Vollmacht, in der Spendung der Sakramente unter Beibehaltung ihres Wesens Bestimmungen oder Abänderungen zu treffen, die, entsprechend dem Wechsel von Verhältnissen, Zeit und art, das Seelenheil der Empfänger oder die Ehrfurcht vor den Sakramenten forderten.«11
Die römische Kirche ändert, verändert, kehrt und dreht um, was und wie sie will. Darum so viele Lehrmeinungen, die das Volk verwirren. Bei Gott gibt es das aber nicht. Seine Lehre, die Jesus Christus und die Apostel geoffenbart haben, bleiben unumstösslich wahr und unwandelbar.
Jesus hat in (Matthias 24,35 gesagt:
»Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.«
10 Ebd., Nr. 518, S. 357
11 Ebd., Nr. 519, S. 357